Nun pass(ts) genau!

„Du möchtest also etwas von meinem jahrzehntelangen Lebensdrama als unerkannte Hochsensible lesen?“

Kein Problem, ich gebe mir große Mühe, den schlechtesten Text meines Lebens zu fabrizieren.


Der Moment, wenn aus der Maus eine Löwin wird

Bereits im Kindergarten fühlte ich, dass ich anders bin. Fremde Kinder gingen nicht. Der Krach, das gefühlte Chaos; das überforderte mich total – aber da musste man eben durch. Also sprach ich wenig und versuchte, still und unauffällig die Zeit zu überstehen. Das blieb sehr, sehr lange so. Leise saugte ich alles auf, was mit kreativem, künstlerischen und irgendwelchem sozialen Zeug zu tun hatte. 
Und Lesen! Eintauchen in eine andere Welt. Alles andere und scheinbar Normale bedeutete für mich immense Anstrengung.

Über was soll ich zum Beispiel reden, wenn es nichts Wichtiges zu sagen gibt? Einen lockeren Small-Talk halte ich auch heute noch für überbewertet. Außer bei triftigen Gründen …

Und diese Gründe taten sich für mich immer da auf, wo es menschliche Probleme gab. Wo jemand Unterstützung brauchte. Soziale Ungerechtigkeiten, Streit oder Ausgrenzung – das ging gar nicht. Da wurde bereits in der Schulzeit aus dem stillen grauen Mäuschen eine kämpferische Löwin.

Frage nicht, was die Welt braucht.
Frage dich selbst, was dich lebendig macht, und gehe und tue das, denn was die Welt braucht, das sind Leute, die lebendig geworden sind.“
(Howard Thurman)

Von der Sozialpädagogin zur Kunsttherapeutin

„Selbst im sozialen Bereich verwaltet man Menschen – Klienten wie auch Angestellte“, bemerkte ich, nicht nur in meinem ersten Job als Sozialpädagogin, traurig. 
Ständig eckte ich mit meinem Gerechtigkeitssinn an. Der tägliche Kampf gegen starre Systeme, Bürokratie, Machtverhältnisse und Ignoranz machte mir sehr zu schaffen. Zusehends vermisste ich Werte wie Toleranz, Respekt und Selbstbestimmung.

Mir fehlte etwas in der Pädagogik; mein Frust und meine Erfahrungen im Anerkennungsjahr bei einem Kunstpädagogen, motivierten mich, das Studium zur Kunsttherapeutin in Holland zu absolvieren. 
Mit dem kreativ-therapeutischen Ansatz ging es nicht mehr um (um-)erziehen, sondern um individuelle Begleitung.

Viele, viele Jahre als angestellte Sozialpädagogin folgten – nun mit geweitetem therapeutischem Blick aber immer noch genügend Verzweiflung.

Meine hochsensible Berufung entdecken

Durch die Geburt meiner Kinder tauchten dann plötzlich wieder eigene Themen auf. Die Herkunftsfamilie, eigene Erziehung, Pädagogik und Haltung der vorherigen Generation und deren Auswirkung auf mich als Mensch, als Mutter, als Partnerin und als Pädagogin. Hatte ich in meinen Ausbildungen doch bereits alles bearbeitet, dachte ich – doch letztendlich brachte mich erst meine 4-jährige systemische Ausbildung tiefer zu mir selber und auch näher zum Klienten. Hier lernte ich eine respektvolle, selbstbestimmte und eigenverantwortliche Haltung kennen – mir und meiner Umwelt gegenüber.

Immer mehr private und berufliche Situationen blieben für mich jedoch ein Hochseilakt und dann endlich – nach einem anstrengenden Urlaub und einer besonderen Lektüre – die Erkenntnis: „Hochsensibel“. Jetzt verstand ich, was ich fühlte! Und wo meine tatsächliche Bestimmung liegt. Den Sprung in die Selbstständigkeit habe ich gewagt, damit ich meine Talente und Erfahrungen für Menschen, die besonders sind, passgenau einsetzen kann.

Aus meiner Kreativität schöpfen

Oberflächlichkeiten haben weiterhin wenig Platz bei mir. Dagegen schöpfe ich Kraft und Ruhe im praktischen Tun. Ich liebe vor allem die Bildhauerei. Das sich heranarbeiten an harten, scheinbar widerspenstigen Stein. In Beziehung gehen, Entscheidungen treffen, mich leiten lassen, klare Abgrenzungen oder weiche Rundungen anlegen. Toll!

In meinen Werkstücken sah ich zum ersten Mal mich selbst. Mit allem was ich mitbrachte als Mensch. Verkopft sein, nicht loslassen können, perfektionistisch sein wollen aber nicht sein können, mich darauf einlassen müssen, dass nicht alles so funktioniert, wie ich es gerne hätte oder bräuchte. 
Freier werden – im Denken und dann im Handeln. Mich positionieren, entscheiden, Grenzen ziehen und Durchbrüche wagen. Und immer wieder Abstand nehmen und betrachten.

Am Ende eine Skulptur, die meine Handschrift trägt. Ein (Berufs-)Leben, das meine Handschrift trägt. Genau das wünsche ich auch meinen Kunden.

Stefanie Wistuba

Ich kooperiere mit:

harth

systemisch aufsuchende autismus- und familientherapie

autakk e.V.

autakk e.V. begleitet die Teilnahme dieser Menschen am sozialen und kulturellen Leben im Sinne von Integration und Inklusion.

Ich bin Mitglied bei:

Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) verbindet Menschen und Institutionen, die systemisch arbeiten. Sie ist ein berufsübergreifender Fachverband für Systemische Therapie, Beratung, Supervision, Mediation, Coaching und Organisationsentwicklung mit rund 7.000 Mitgliedern.